Der Schottlandbesucher ist schnell versucht anzunehmen, dass die Schotten auf dem Land alle Zeit der Welt haben. Oft sieht man sie irgendwo geduldig anstehen, oder miteinander auf der Straße plaudern. Da scheint es dann auch nichts auszumachen, dass die Plauschenden hin und wieder schon mal alle anderen aufhalten.
Als vor einigen Jahren der Aldi in Elgin aufmachte, wunderte ich mich, wie das deutsche Konzept der super schnellen Kundenabfertigung hier in Schottland ankommen würde. Tatsächlich scheint es hier nicht viel anders zuzugehen als in Deutschland. Wenn der Kunde die Waren nicht schnell genug aufs Band legt, kommt der Kassierer und "hilft", und während man noch mit den Waren jongliert, die der Kassierer in Windeseile über den Scanner zieht, wird man gefragt, ob man mit Karte oder bar bezahlen will.
Mit ein wenig Sorge beobachtete ich die alte Dame vor mir in der Schlange, der ohne jeden Zweifel ein Kulturschock bevorstand. Ich hätte mich nicht mehr irren können. Als die Dame an der Reihe war, wurde sie von der Kassiererin freundlich begrüßt. Die Kassiererin kam hinter der Kasse hervor und begann, die Waren aufs Band zu legen, während sie freundlich mit der älteren Dame plauderte. Sie scannte dann die Waren und eine weitere Aldi Mitarbeiterin packte sie für die ältere Dame in deren Tasche. Mittlerweile wuchs die Schlange der Wartenden immer weiter an. Schließlich gab die alte Dame der Kassiererin ihr Portemonnaie und während diese den zu zahlenden Betrag heraussuchte, dreht sich die Dame zu den wartenden Kunden um und erklärte, sie sei jetzt fast neunzig und sie würde immer in den Aldi einkaufen kommen, viel lieber als zu Tesco, weil im Aldi die Verkäuferinnen immer so nett seien und soviel Zeit hätten.
Ein alter Witz beschreibt das schottische Verhältnis zu Zeit so:
Ein Professor für Spanisch und ein Professor für Gälisch treffen sich auf einer Konferenz und diskutieren die Vorzüge ihrer jeweiligen Sprachen. "Sagen Sie mir" fragt der spanische Professor, "haben Sie ein gälisches Äquivalent für den spanischen Ausdruck mañana, mañana?" Der Professor für Gälisch denkt eine Weile nach und antwortet dann: "Nein, Ich glaube nicht, dass wir im Gälischen ein Wort haben, dass ein Konzept von solcher Hast ausdrückt."
Dabei sind die Schotten keineswegs so unzuverlässig, wie der erste Eindruck vermitteln könnte. Das Schlüsselwort hier ist "eventually" (zuletzt, zum Schluß). Wenn ein Schotte hier einem verspricht, dass zum Schluß alles in Ordnung kommt, dann ist vielleicht nicht klar, wann genau das passieren wird, aber man sich darauf verlassen, dass es passieren wird.
Aber auch Schotten müssen pünktlich zur Arbeit oder in der Schule erscheinen und auch im Theater oder Kino wartet man nicht, bis alle, die eine Eintrittskarte haben, erschienen sind. Die Strategie hier ist, das Schotten das Unerwartete ganz einfach mit einplanen und die Verabredungen, die sie unbedingt einhalten müssen, auf ein Minimum beschränken. Auf diese Weise haben sie genug Zeit auf das Unerwartete zu reagieren.
Auf eine Frage wie, "Kommst du auch zu dem Ceilidh am Samstag?" bekommt man dann eine Antwort wie, "Ich würde gerne, aber mein Sohn hat ein Spiel mit dem Rugby Club und ich weiß noch nicht wann die wieder zurück sind."
So oder so ähnlich verlaufen viele Gespräche. Das macht es außerordentlich schwierig für die Leute, die diese Veranstaltungen planen, weil es sich jeder im Prinzip bis zum letzten Moment offen hält, ob er kommt oder nicht. In vielen Fällen steht bis zu allerletzt nicht fest, wer hilft und wie viele Besucher kommen.
Ich war schon auf Veranstaltungen, da gab es mehr Helfer als Besucher. Aber meistens geht alles gut. Weil diejenigen, die Hilfe brauchen, oft vorher anderen in ähnlichen Situationen geholfen haben, finden sich immer im letzten Moment einige, die einspringen. Und das trägt wesentlich zur Atmosphäre dieser Veranstaltungen bei. Weil alle das wissen, erwartet keiner, dass es perfekt ist und alle tragen zum Gelingen bei.
Deswegen lohnt es sich, mal bei einem Coffee Morning, Soup and Sweets oder Ceilidh vorbeizuschauen und einfach die Atmosphäre zu genießen.
Der Nordosten Schottlands ist touristisch nicht wirklich erschlossen. Dieser Blog soll helfen, einige dieser Lücken zu füllen und eine Einsicht in dieses etwas andere Schottland zu geben.
Wednesday, 29 October 2014
Tuesday, 21 October 2014
Halloween
Dudendance sorgen für magische Eindrücke in Huntly |
Auch wenn die Amerikanisierung vielerorts die alten schottischen Halloween Traditionen verdrängt hat, so spiegeln sie sich oft noch in den Einstellungen der Menschen hier wieder. Diejenige, die das Trick-or-Treat ablehnen spalten sich in zwei Gruppen. Viele christlich, religiöse Menschen lehnen Halloween als heidnisches Spektakel ab und aus diesem Grund werden auch in Schulen keine Halloween Partys für die Kinder gegeben. Die andere Gruppe besteht aus Leuten, die einfach die alte schottische Tradition schöner finden.
Früher haben sich die Kinder zu Halloween auch verkleidet, aber es gab keine ausgehöhlten Kürbisse, sondern ausgehöhlte Rübenlaternen, die die Kinder mit zum Guising nahmen. Sie gingen von Haus zu Haus, aber anstatt, "Trick or treat!" (Streich oder Süßigkeit) zu brüllen sagten sie Gedichte auf oder sangen ein Lied. Dafür gab es dann halt eine Belohnung. Oft erfragten die Kinder bei der Gelegenheit auch "A penny for the Guy" (Ein Penny für Guy). Um den 5.November findet die Guy Fawkes Night statt, in welcher früher eine Strohpuppe verbrannt wurde als Warnung für all jene, die auch mit dem Gedanken spielen das Parlamentsgebäude in London in die Luft zu sprengen. Damals waren Bonfire (Feuer) ein rein privates Vergnügungen und welche Kinder machen nicht gerne ein schönes Feuer in der Nacht. Und so sammelten sie schon mal an Halloween brennbare Materialien.
Heutzutage werden zumindest im Nordosten keine Strohpuppen mehr verbrannt und die Organisation des Bonfire, dass um den 5. November abgehalten wird, ist in fester Hand der Rotary Clubs. Dementsprechend groß sind die Feuer und werden von einem Feuerwerkspektakel begleitet.
Obwohl viele die alten Traditionen nicht vergessen haben, scheinen diese Traditionen im modernen Schottland nicht mehr so recht einen Platz zu haben.
Um so erfreulicher ist es da, dass in den letzten Jahren in Huntly eine neue Tradition Fuß gefasst hat. Halloween in Huntly ist ein Spektakel für Groß und Klein und wird von Huntlys Bürgern in Zusammenarbeit mit Deveron Arts organisiert.
An drei Tagen finden ein Reihe von Veranstaltungen statt, die sich Performance Art und allem widmet, was Halloween so mit sich bringt und was die Leute in Huntly um diese Zeit so machen wollen. Herzstück sind die Veranstaltungen am Samstag.
Vor der beeindruckenden Kulisse von Huntly Castle führen
Künstler und Tänzer unwirkliches, geheimnisvolles und gespenstisches
auf. Danach führt die örtliche Pipe Band mit Masken verkleidet die
Halloween Besucher zurück zum Square und zur Stewarts Hall, wo der Rest
des Abends dann mit einem Ceilidh gefeiert wird.
http://www.deveron-arts.com/events/halloween-huntly-2014/
Saturday, 4 October 2014
Silbermöven (herring gulls)
sind sehr beeindruckende Vögel, sie können einen Ohren betäubenden Lärm verbreiten und so groß werden wie Gänse, was ihren Flugkünsten aber keinen Abbruch tut. Vor langer, langer Zeit lebten und brüteten sie in den Steilküsten von Schottland, ernährten sich von Fischen und hielten sich, wie die meisten anderen wilden Tiere, vom Lebensraum der Menschen fern.
Dann änderte sich aber einiges, die Überfischung der Meere sorgte für Nahrungsmangel und die intelligenten Tiere mussten sich woanders nach Nahrung umsehen. Glücklicherweise hatten die Menschen inzwischen die Konsumgesellschaft erfunden und in Schottland entledigte man sich des Mülls, indem die schwarzen Mülltüten direkt an den Straßenrand gestellt wurden, bis die Müllabfuhr vorbeikommen und den Müll einsammeln würde. Die Möwen lernten, wo der best Take Away nachts den Müll raus stellte und von da an stellten sie ihre Ernährung auf Fish & Chips, Indian Curries und Haushaltsmüll um.Bei dem Nahrungsangebot gedeihten die Möwen prächtig und sie zogen von den Klippen in die Städte und Dörfer Schottlands um.
Die meisten Schotten betrachten sie als unerwünschte Eindringlinge. Der Lärm ist dabei nicht das größte Problem. Oft nisten die Möwen in Wohngebieten. Sie haben einen ausgeprägten Beschützerinstinkt und wenn der Nachwuchs das Nest verlässt und in Garageneinfahrten und Vorgärten erste Flugversuche unternimmt und nach Futter sucht, dann sind immer ein oder alle beide Eltern nicht weit, um den Nachwuchs zu beschützen. Im Stiele von Alfred Hitchkocks Die Vögel werden dann Hunde, Katzen und Kinder attackiert, wenn die Möweneltern ihre Sprösslinge bedroht glauben. Die meiste Zeit beschränken sie sich darauf ihre Meinung mit bedrohlichen Sturzflügen Ausdruck zu verleihen, aber gelegentlich gehen sie auch zum Angriff über.
Besonders beliebt bei Möwen sind Supermarktparkplätze, weil es dort ein recht Abwechslungsreiches Nahrungsangebot gibt. Die Möwenkinder betteln Kunden an.
Und die Eltern stehen bereit, dem Sprössling alle notwendige Hilfestellung zu geben.
Gelegentlich beschränken sich die ausgewachsenen Tiere nicht aufs Betteln. Ich wurde mal von einer Möwe auf einem Parkplatz in die Hand gebissen. Sie hatte ihr Ziel (mein Butterbrot) verfehlt, als sie sich im Sturzflug auf den Leckerbissen stürzte.
Und hin und wieder hilft halt nur selber in den Laden gehen, so wie die Seemöwe Sam das tut, die sich in Aberdeen täglich mit einer Tüte Chips versorgte.
Dann änderte sich aber einiges, die Überfischung der Meere sorgte für Nahrungsmangel und die intelligenten Tiere mussten sich woanders nach Nahrung umsehen. Glücklicherweise hatten die Menschen inzwischen die Konsumgesellschaft erfunden und in Schottland entledigte man sich des Mülls, indem die schwarzen Mülltüten direkt an den Straßenrand gestellt wurden, bis die Müllabfuhr vorbeikommen und den Müll einsammeln würde. Die Möwen lernten, wo der best Take Away nachts den Müll raus stellte und von da an stellten sie ihre Ernährung auf Fish & Chips, Indian Curries und Haushaltsmüll um.Bei dem Nahrungsangebot gedeihten die Möwen prächtig und sie zogen von den Klippen in die Städte und Dörfer Schottlands um.
Die meisten Schotten betrachten sie als unerwünschte Eindringlinge. Der Lärm ist dabei nicht das größte Problem. Oft nisten die Möwen in Wohngebieten. Sie haben einen ausgeprägten Beschützerinstinkt und wenn der Nachwuchs das Nest verlässt und in Garageneinfahrten und Vorgärten erste Flugversuche unternimmt und nach Futter sucht, dann sind immer ein oder alle beide Eltern nicht weit, um den Nachwuchs zu beschützen. Im Stiele von Alfred Hitchkocks Die Vögel werden dann Hunde, Katzen und Kinder attackiert, wenn die Möweneltern ihre Sprösslinge bedroht glauben. Die meiste Zeit beschränken sie sich darauf ihre Meinung mit bedrohlichen Sturzflügen Ausdruck zu verleihen, aber gelegentlich gehen sie auch zum Angriff über.
Besonders beliebt bei Möwen sind Supermarktparkplätze, weil es dort ein recht Abwechslungsreiches Nahrungsangebot gibt. Die Möwenkinder betteln Kunden an.
Und die Eltern stehen bereit, dem Sprössling alle notwendige Hilfestellung zu geben.
Gelegentlich beschränken sich die ausgewachsenen Tiere nicht aufs Betteln. Ich wurde mal von einer Möwe auf einem Parkplatz in die Hand gebissen. Sie hatte ihr Ziel (mein Butterbrot) verfehlt, als sie sich im Sturzflug auf den Leckerbissen stürzte.
Und hin und wieder hilft halt nur selber in den Laden gehen, so wie die Seemöwe Sam das tut, die sich in Aberdeen täglich mit einer Tüte Chips versorgte.
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