Die
für Touristen ausgewiesenen Routen in Schottland haben eine sehr
lange Tradition. Ihre Entwicklung begann zu Zeiten des Romantizismus,
als das gebildete Bürgertum und die Oberschicht sich auf die Suche
nach dem romantischem Ideal in die Sommerfrische begaben.
So richtig angefangen hat das mit einem Herrn James
Macpherson, der 1760 ein Werk veröffentlichte, welches er als die
englische Übersetzung uralter, keltischer Gedichte bezeichnete. Nach
seinen Angaben fand er die Gedichte und Lieder in den Highlands, die
er dem keltischen Dichter Ossian zu schrieb, die dieser in grauer
Vorzeit in gälischer Sprache über die schottische Highlanders
verfasst haben sollte.
Obwohl die Authentizität der
Gedichte schon zu Zeiten der erstenVeröffentlichung umstritten war,
beeinflussten sie (und die aus ihnen resultierenden Mythen) nicht nur
britische Romantiker wie Sir Walter Scott, sondern dienten auch den
deutschen Dichtern und Denkern zur Inspiration. Unter ihnen fanden
sich so bekannte Namen wie Goethe, Herder und auch der Komponist
Schubert.
Die Orte, die die vermeintliche Gedichte Ossians
inspirierten befinden sich zumeist an der Westküste Schottlands. Es
waren diese rauen, atemberaubenden Landschaften Westschottlands mit
ihrem schier unerschöpflichen Vorrat an ursprünglicher Natur und
Kargheit, denen nachgesagt wurde, die von Schafen umgebenen
Highlander hervorgebracht zu haben, welche eher das Leben als ihre
Unabhängigkeit verlören. Dies lockte die Touristen der Romantik in
Scharen an. So war denn der Schottland Tourismus geboren, der sich
dann zu den modernen Klischees von Nessie, Haggis, Whisky und
Highland Games weiterentwickelt hat und um die Gunst zahlungsfähiger
Touristen buhlt.
Wer Schottland jedoch ernsthaft kennenlernen will,
entdeckt schnell, dass Schottland zwei Seiten hat, die leicht
zugängliche, von romantischen Idealen geprägte Touristenidylle und
die viel schwerer zugängliche Seite des modernen schottischen
Alltags.
Der Nordosten Schottlands entwickelte sich weitgehend
ohne den romantischen Tourismus, vor allem Aberdeenshire blieb von
dieser touristischen Entwicklung mehr oder weniger unberührt. Da
half es auch nicht das Lord Byrons Tante in Banff lebte und ihm ihr
Haus dort vermachte oder das viele wichtige historische Ereignisse
sich im Nordosten Schottlands abspielten und nicht im Westen. Die
sanftere Landschaft des Nordostens hatte den Romantikern wohl nicht
genug zu bieten.
Die Leute im Osten störte das jedoch wenig war es doch
kein ökonomisches Problem. Unter anderem sorgten reger Handel mit
den skandinavischen Ländern und der Hanse, die Fischerei und die
Landwirtschaft für die notwendigen, ökonomischen Grundlagen und
einen gewissen Wohlstand. Auch bot die fast unendlich lange Küste
mit ihren unzähligen Buchten und den gelegentlichen Höhlen eine
ideale Grundlage für eine betriebsame Schmuggelei.
Doch dann machte der erste Weltkrieg dem Handel ein
Ende. Die alten Eisenbahnschienen entlang der Küste, die nun zum
größten Teil in Wanderwege umgewandelt wurden, Zeugen noch von
diesen florierenden Zeiten. Der Heringsfang, der in so vielen
schottischen Liedern besungen wird, fand durch Überfischung sein
Ende. So blieb zunächst dem Nordosten die Landwirtschaft.
Glücklicherweise für den Nordosten wurde alsbald Öl
in der Nordsee gefunden. Auch heute noch hängt die Region wesentlich
von dem Geschäft mit dem schwarzen Gold ab. Obwohl der Ölboom und
die damit verbundenen Gewinnspannen lange nicht mehr so groß sind
wie im vorigen Jahrhundert, so ist doch die Abhängigkeit vom Öl
immer noch von großer Bedeutung. Im Nordosten gilt dies besonders,
seit die Fischfangindustrie durch immer weiter schwindende
Fischbestände ein vielfaches ihrer Größe eingebüßt hat. Einzig
die Whisky Industrie verzeichnete in den letzten Jahren neben
beeindruckenden Gewinnspannen auch Wachstum, aber sie bietet nur
wenige Arbeitsplätze, weil der personal-intensive Bereich der
Abfüllung zum größten Teil in Billiglohnländer verlagert wurde .
Konsequenter
Weise hat sich auch der Nordosten Schottlands in den
letzten Jahren zunehmend auf den Tourismus besonnen. Da dies alles in
sehr schottischer Manier geschieht, ist diese Gegend jedoch noch weit
entfernt von der Klischee geprägten Vermarktung der Westküste.
Bisher konzentriert sich der Tourismus auf drei Bereiche, die Burgen
(Castle Trail), die Küste (Coastal Trail) und den Whiskey (Whiskey
Trail). Demzufolge gibt es noch viel authentisches Schottland zu
entdecken, dass noch nicht touristisch erschlossen wurde.
Dieser Blog
hat zum Ziel, neben ausgetretenen Pfaden einen Zugang zu den
verborgenen Schätzen des Nordostens Schottlands zu eröffnen. Er
wird kleine Geschichten vom modernen, schottischen Alltag erzählen,
von den eigentümlichen Charakteren schottischer Einwohner, die diese
gut hinter ihrer Freundlichkeit zu verbergen wissen, den vielen
erstaunlichen Geschichten, die sich im Laufe der Zeit hier zugetragen
haben und den wundersamen Geschichten, die sich hier immer noch
zutragen.
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